Statement: Katastrophenfall ausrufen, um Pandemie besser zu bekämpfen

Am 26. November 2021 hat die SPD-Kreistagsfraktion eine Anfrage zur Ausrufung des Katastrophenfalls im Erzgebirgskreis an Landrat Frank Vogel gestellt. Die Antwort kam am 5. Dezember: AW FV Neubert-Anfrage vom 26.11.2021-Ausrufung Katastrophenfall.

Darauf hat die Fraktion am gestrigen Montag, den 6. Dezember 2021, mit folgendem Statement reagiert:


Jörg Neubert

Sehr geehrter Herr Landrat,

namens meiner Fraktion danke ich Ihnen für die sachliche und schnelle Beantwortung unserer Anfrage zur Ausrufung des Katastrophenfalls. Sie sprechen von der Notwendigkeit der Feststellung des Eintritts einer Katastrophe. Eine Katastrophe im Sinne des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG) „ist ein Geschehen, welches das Leben, die Gesundheit, die Versorgung zahlreicher Menschen mit lebensnotwendigen Gütern und Leistungen […] in so außergewöhnlichem Maße gefährdet oder schädigt, dass Hilfe und Schutz wirksam nur gewährt werden können, wenn die zuständigen Behörden und Dienststellen, Organisationen und eingesetzten Kräfte unter der einheitlichen Leitung einer Katastrophenschutzbehörde zusammenwirken“ (§ 2 Abs. 3 Satz 2 SächsBRKG).

Die in den Medien, durch die Landkreisverwaltung und nicht zuletzt in der E-Mail von Erzgebirgsklinikums-Geschäftsführer Marcel Koch publizierten Daten zur katastrophalen Lage in den Krankenhäusern der Region zählen nicht? Das Gesundheitsamt ist überlastet und kann seinen Auftrag zur Eindämmung der Pandemie nicht mehr im geforderten Maße erfüllen. Unsere Krankenhäuser sind nach Einschätzung der verantwortlichen Ärzte und Geschäftsführer am Limit. Corona-Patientinnen und -Patienten müssen ausgeflogen werden, auch dringende OPs anderer kranker Personen müssen verschoben werden. Die Krankenhaus-Belegschaft wird zur Anwendung der Triage geschult und bereitet sich darauf vor. Sind wir im Krieg? Nicht nur, dass Menschen (vor ihrer Zeit) sterben, sondern dass wir zusehen müssen und nicht helfen können, wie wir es im Normalfall könnten. Das ist eine Katastrophe.

„… das Leben, die Gesundheit, die Versorgung zahlreicher Menschen“ ist in „außergewöhnlichem Maße gefährdet“ (§ 2 Abs. 3 Satz 2 SächsBRKG). Gewiss ist diese Katastrophe nicht mit Drehleiter und Sandsäcken bekämpfbar. Doch die Organisation der Bekämpfung bedarf anderer Strukturen und Maßnahmen als gewohnt. Wir als Kreisräte, als Laien, maßen uns keinen Maßnahmenkatalog an. Als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger des Erzgebirgskreises unterstützen wir aber jede noch so kompliziert umzusetzende Maßnahme zur Aufrechterhaltung des Schutzes der Bevölkerung vor dem uns bedrohenden Virus. Im Spannungsfeld zwischen dem Schutz von Leib und Leben der Bevölkerung einerseits und der uns höchst teuren Freiheit der Bürger und Unternehmen andererseits müssen wir den Mut aufbringen, physische Kontakte zu unterbinden, und in dieser Not auch individuelle Freiheitsrechte zeitlich befristet einschränken.

Jörg Neubert
Vorsitzender der SPD-Fraktion
im Erzgebirgskreistag