Fusion der Krankenhausgesellschaften im Erzgebirgskreis: aber mit Tarifvertrag!

Am Donnerstag, den 15. April 2021, wird im Betriebsausschuss des Kreistages des Erzgebirgskreises eine Vorlage abgestimmt, die die Fusion der Krankenhausgesellschaften Erzgebirgsklinikum Annaberg (EKA), Klinikum Mittleres Erzgebirge (KME, Häuser Olbernhau und Zschopau) und Kreiskrankenhaus Stollberg (KKH) zur Erzgebirgsklinikum gGmbH auf den Weg bringen soll. Die SPD-Fraktion steht der Verschmelzung offen gegenüber.

Die wesentlichen Standorte sollen erhalten bleiben, somit sind die medizinische Versorgung für die Bevölkerung und Arbeitsplätze für das medizinische und nicht-medizinische Personal im ländlichen Raum weiter gesichert. Ziel ist die „Schaffung zukunftsorientierter Strukturen für die Krankenhausgesellschaften des Erzgebirgskreises und deren Beteiligungsgesellschaften“. Wir halten das für geboten und unterstützen es.

In der Vorlage heißt es allerdings auch: „Mit der Anwendung des Tarifvertrages öffentlicher Dienst (TVöD) nach VKA in der gesamten Erzgebirgsklinikum gGmbH ist eine wirtschaftliche Betriebsführung (…) nicht gewährleistet.“

Dies und die nachfolgende Begründung können wir nicht nachvollziehen. Tariflosigkeit ist mit der SPD nicht zu machen. Denn der Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD) gewährt das Mindestmaß an Ost-West-Gerechtigkeit und an Entlastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Der Beschlussvorlage ist zu entnehmen, dass derzeit 39 Stellen im Pflegebereich der Krankenhausgesellschaften nicht besetzt sind. Woran liegt das? Es dürfte unter anderem daran liegen, dass die Belastung zu groß ist und dass andere Krankenhäuser besser bezahlen. In diesem Bereich darf nicht gespart werden. Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung müssen verbessert werden. Das ist letztendlich auch wirtschaftlicher. Das Erzgebirgsklinikum ist ein Mitbewerber auf dem Gesundheitsmarkt und muss mit anderen mithalten, was die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen angeht. Sonst fehlt bald noch mehr Personal, die Bedingungen für Personal und Patientinnen und Patienten werden schlechter und immer mehr wandern zu anderen Krankenhäusern ab.

Wir sind überzeugt, dass große und mittlere Unternehmen in Deutschland mit den Tarifverträgen ihrer Branche am besten fahren. Das ist erprobt und hat sich bewährt. Tariflosigkeit und damit Abwanderung sind in Sachsen und insbesondere im Erzgebirge leider auch Realität, und dies gilt es zu stoppen.

Auf den Punkt gebracht:

  1. Tarifverträge werden nicht im Unternehmen verhandelt und sparen dadurch Arbeitszeit, Anwalts- und Unternehmensberaterkosten ein.
  2. Tarifverträge sichern den Personalbestand, weil man bei der Konkurrenz nicht mehr verdient. Damit verhindern sie Fachkräftemangel und sichern Fachkompetenz und Investitionen ins Personal.
  3. Tarifverträge sichern den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein gerechtes Einkommen, was wiederum die Kaufkraft im Erzgebirge steigert, das nach wie vor eine Region mit geringer Kaufkraft ist.
  4. Tarifverträge halten unsere Jugend im Erzgebirge. Die jungen Leute mit abgeschlossener Ausbildung oder Studienabschluss sollen hier bleiben bzw. zurückkehren können und nicht in die Ballungsräume abwandern, weil dort für die gleiche Arbeit besser gezahlt wird.

Wir fordern die Krankenhaus-Gesundheitsholding Erzgebirge GmbH und die drei Krankenhausgesellschaften auf, sich unverzüglich mit den Beschäftigten und deren Interessenvertretungen (verdi und Marburger Bund) an einen Tisch zu setzen und tarifliche Regelungen zu treffen. Befürchtungen um Einbußen beim Gehalt und bei den Arbeitsbedingungen führen zu Unsicherheit, Motivations- und Leistungsverlusten und in der Folge zu Abwanderung.