Die SPD-GRÜNE-Fraktion im Gespräch mit dem RVE

Im Annaberger Betriebshof der Regionalverkehr Erzgebirge GmbH (RVE) traf sich die SPD-GRÜNE-Fraktion am 25. November 2014 auf ein Gespräch mit Roland Richter, dem Geschäftsführer des RVE, sowie den RVE-Mitarbeiter_innen Dana Ulbricht, Sabine Litwinenko, Hans-Jochen Richter und Lutz Zulauf. Roland Richter stellte zunächst kurz das Unternehmen vor, dann war Zeit für Fragen, abschließend stand ein Rundgang durch die Bushallen auf dem Programm.

Der RVE: Zahlen und Fakten

Der Erzgebirgskreis ist alleiniger Gesellschafter des RVE, der wiederum an der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft, der City-Bahn Chemnitz, der RVE-Akademie und der Euro Traffic Partner GmbH beteiligt ist. Der RVE betreibt Standorte in Limbach-Oberfrohna (freie Werkstatt), Lugau, Zschopau (freie Werkstatt), Marienberg (Vertragswerkstatt), Olbernhau, Schwarzenberg, Aue (Vertragswerkstatt) sowie Annaberg (Vertragswerkstatt). 664 festangestellte Mitarbeiter_innen hat der RVE, außerdem 52 Azubis. Der Fuhrpark umfasst 264 Linienbusse, die 2.450 Haltestellen anfahren und pro Jahr rund 15 Mio. Personen von A nach B bringen. Diese Zahlen belegen, wie wichtig der RVE für den Erzgebirgskreis ist, auch wenn mancher das Gefühl haben mag, dass alle nur noch im Auto unterwegs sind.
Der Stadt- und Regionalverkehr steht beim RVE an erster Stelle, vor allem Schülerinnen und Schüler sind auf die RVE-Busse angewiesen. Doch der RVE fährt auch fernere Ziele an, beispielsweise Prag, Usedom, Rügen.

Während die Fahrgastzahlen der vom RVE betriebenen Schmalspurbahnen (Fichtelbergbahn, Lößnitzgrundbahn, Weißeritztalbahn) sich im Großen und Ganzen positiv entwickeln, hat der ÖPNV deutschlandweit und auch im Erzgebirge ein Problem: Immer weniger Menschen fahren mit. Demgegenüber steigen die Personalkosten konstant, ebenso die Kraftstoffkosten. Hinzu kommt, dass Busse nicht länger als 10 Jahre genutzt werden sollten. Eigentlich müsste der RVE jährlich etwa 25 Busse neu anschaffen. Um seine Aufgaben erfüllen zu können, braucht der RVE deswegen Zuschüsse, circa 10 Mio. Euro pro Jahr allein für den Ausbildungsverkehr, der Freistaat deckt davon jedoch nur 5,3 Mio. Euro.

Fragen der SPD-GRÜNE-Fraktion

Ulrike Kahl: Wenn der RVE bereits den Betrieb von drei Schmalspurbahnen in Sachsen sicherstellt, besteht dann nicht die Möglichkeit, auch die Erzgebirgische Aussichtsbahn (EAB) zu betreiben?

Roland Richter: Der RVE kann die Strecke nach jetzigem Stand nicht betreiben. Die Finanzierung der Bahn bzw. Bahnstrecke muss geklärt sein. In der ÖPNV-Finanzierungsverordnung (2015–2020) sind jährlich 8,74 Mio. Euro für die fünf Schmalspurbahnen vorgesehen, zusätzlich gibt es eine Förderrichtlinie zur Sicherung der Schmalspurbahnen und Parkeisenbahnen in Sachsen, 2013 und 2014 stehen dafür insgesamt 6 Mio. Euro zur Verfügung. Je mehr Bahnen aus diesem Topf finanziert werden müssen, desto weniger bleibt für jede Bahn übrig, der Topf wird nicht voller.

Ulrike Kahl: Darf der RVE eigene Finanzierungsquellen erschließen?

Sabine Litwinenko: Nebengeschäfte sind grundsätzlich erlaubt, die generierten Einnahmen dürfen aber nicht mehr als 10 Prozent des Umsatzes ausmachen. Die ehemalige Tochtergesellschaft „Silberlandreisen“ musste aus diesem Grund verkauft werden.

Ulrike Kahl: Wäre eine politische Forderung nach einer Anhebung dieser 10-Prozent-Grenze sinnvoll?

Sabine Litwinenko: Aus steuerlichen Gründen ist das problematisch. Nebengeschäfte sind aus steuerlicher Sicht Sparten, sind diese gewinnbringend, muss das Unternehmen Körperschaftssteuer abführen.

Ulrike Kahl: Auf der Verkehrsminister-Konferenz am 1. und 2. Oktober 2014 in Kiel einigten sich die Verkehrsminister der Länder auf einen neuen Verteilungsschlüssel, nach dem die Regionalisierungsmittel des Bundes unter den Ländern verteilt werden sollen. Die Mittel sollen von derzeit 7,3 Mrd. Euro auf 8,5 Mrd. Euro aufgestockt werden. Zudem soll die derzeitig festgelegte Dynamisierung von 1,5 Prozent/Jahr auf 2,8 Prozent/Jahr angehoben werden.

Hartmut Tanneberger: Von den Regionalisierungsmitteln, die der Bund an den Freistaat überweist, gibt der Freistaat derzeit nur 73 Prozent an den ÖPNV und SPNV weiter.
Wie sieht es mittel- bis langfristig mit der Ausstattung bzw. dem Erhalt bestehender Linien aus?

Roland Richter: Mit den dynamisierten Zuschüssen werden die bisher bestehenden Linien vermutlich mittelfristig, also etwa fünf Jahre, haltbar sein. Langfristig wird es keinen Ausbau des Liniennetzes geben. Der ÖPNV wird noch stärker als bisher auf öffentliche Mittel angewiesen sein. Es gibt wenig Planungssicherheit, da die Höhe der Regionalisierungsmittel für die Zweckverbände noch nicht einmal für 2015 bekannt ist.

Ulrike Kahl: Könnte durch die Einführung eines Bürgertickets die Akzeptanz und Auslastung der Busse des RVE bzw. des ÖPNV im Allgemeinen gesteigert werden? Ist die Einführung eines Bürgertickets Ihrer Meinung nach überhaupt machbar?

Roland Richter: Es ist nicht vorhersehbar, wie sich das Nutzungsverhalten der Bevölkerung durch die Einführung eines Bürgertickets ändern würde. Steigen sehr viele Menschen auf Bus und Bahn um, könnte das gesamte bisherige Finanzierungsmodell aus dem Gleichgewicht geraten, da mehr Wagen und Busse in engeren Taktzeiten fahren müssten. Das Modell ist auf Landkreisebene wohl eher nicht durchsetzbar, eher auf Landes- oder sogar auf Bundesebene.

Jörg Bartholomäus: Die Anbindung von Krumhermersdorf an das öffentliche ÖPNV-Netz ist ungünstig. Auch die Anfahrt des Bahnhofs in Zschopau und die Anbindung von Bus und Bahn sind in Zschopau nicht optimal gelöst.

Roland Richter: Die Ausweitung des Zschopauer Stadtverkehrs in Richtung Krumhermersdorf ist schlecht möglich, für ein zusätzliches Angebot sollte die Kommune Kontakt zum RVE aufnehmen und die Stadt müsste sich auch finanziell an diesem Angebot beteiligen.

Kay Meister: Ist die Einrichtung eines grenzüberschreitenden Personenverkehrs möglich oder zukünftig geplant?

Roland Richter: Der RVE bietet Pragreisen, die aber eher touristisch geprägt sind. Die Fahrten nach Karlsbad wurden aufgrund mangelnder Nachfrage eingestellt. Für eine Linie Litvinov–Olbernhau–Most wurde eine Potenzialanalyse durchgeführt, deren Ergebnis einen mangelnden Bedarf auswies. Der grenzübergreifende Skibus und der Auersbergbus wurden auch aufgrund mangelnder Nachfrage eingestellt. Die Bereitschaft zur Kofinanzierung bzw. Beteiligung an diesen touristischen Angeboten zum Beispiel von Hotels ist unzureichend ausgeprägt.

Kay Meister: Wären regelmäßig verkehrende Busse für den grenzüberschreitenden Schülerverkehr bzw. die Beförderung von Kindern in die zweisprachige Kita bzw. Grundschule möglich, konkret die Grundschule „Am Schwarzwasser“ in Marienberg OT Kühnhaide?

Roland Richter: Wir werden diese Anfrage prüfen. Derzeit gibt es keine konkreten Pläne in dieser Hinsicht.

Kay Meister: Wäre eine Umlegung der Linie 207 über das Natzschungtal nach Rübenau denkbar? Dann wäre die Naturherberge in Rübenau besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.

Roland Richter: Eine generelle Umlegung der Linie ist unzweckmäßig. Es besteht aber die Möglichkeit, vorher einen Mietwagen zu bestellen bzw. nach vorheriger Absprache in Einzelfällen eine Linienverlängerung nach Rübenau.

Kay Meister: Welche alternativen Antriebstechnologien könnten zukünftig bei RVE-Bussen zum Einsatz kommen?

Roland Richter: Vermutlich wird die Entwicklung vom Diesel- zum Elektrobus verlaufen. Gasbusse sind bei uns nicht wirtschaftlich, da die Nebenkosten hoch sind und es kein flächendeckendes Tankstellennetz gibt. Die Antriebstechnologien der Elektrobusse haben bereits Serienreife erreicht. Probleme stellen derzeit die Speichermedien dar. Daher ist der Betrieb vorerst auf Gebiete mit flächendeckenden Lademöglichkeiten, also Zwischentankstellen, beschränkt, zum Beispiel Berlin und Hamburg.
In Zukunft könnten Brennstoffzellentechnologie, O-Busse und Hybridbusse zum Einsatz kommen. Es muss auch bedacht werden, dass eine Umstellung der Technik eine Umstellung bzw. Neuanschaffung von Wartungs- und Instandhaltungsgeräten sowie geschultes Personal erfordert.

Ulrike Kahl: Wäre die Einrichtung eines erweiterten Stadtverkehrs von Schwarzenberg nach Bermsgrün/Crandorf über die neue Brücke über das Schwarzwasser denkbar, um eine Anbindung an den Bahnhof Erla zu gewährleisten?

Roland Richter: Diese Möglichkeit müsste geprüft werden.

Ulrike Kahl: Die Erzgebirgsbahn von Aue nach Johanngeorgenstadt und der Bus von Johanngeorgenstadt nach Schwarzenberg fahren fast im gleichen Takt. Könnte es da nicht eine bessere Abstimmung zwischen Erzgebirgsbahn und RVE geben, um die Taktzeiten für Fahrgäste zu verkürzen?

Lutz Zulauf: Grund dafür ist die Taktung am Schwarzenberger Busbahnhof. Es kommen dort sehr viele Busse an und fahren von dort wieder ab, in erster Linie müssen die Busse aufeinander abgestimmt sein.

Die SPD-GRÜNE-Fraktion dankt Roland Richter und den RVE-Mitarbeiter_innen herzlich für das ausgiebige und informative Gespräch, dem sicher noch weitere folgen werden.

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RVE-Bus, Stadtverkehr Schwarzenberg Linie A